Reiseklischees – Es gibt sie wie Sand am Meer und auch wenn sie sich natürlich nicht verallgemeinern lassen, so treffen sie trotzdem so oft zu, dass es schon fast skurril ist. Manchmal wundert oder ärgert man sich darüber, manchmal nimmt man es nur interessiert zur Kenntnis. Doch in den meisten Fällen ist den Betreffenden ihr seltsames oder lustiges Verhalten gar nicht bewusst, denn es wurde ihnen ja quasi in die Wiege gelegt.
Dieser Artikel ist mit einem zwinkernden Auge und einer Prise Humor zu lesen. Er beinhaltet lediglich meine persönlichen Erfahrungen, Beobachtungen und Eindrücke. Keinesfalls möchte ich damit eine Nationalität beleidigen. Auch meine eigene nicht, denn die bekommt auch ihr Fett weg. Und wenn sich jemand auf den Schlips getreten fühlt, dann tut es mir aufrichtig und außerordentlich leid.
Die Sache mit den Liegen
In Deutschland ist die allgemeine Meinung vertreten, dass Hotelliegen immer von den Engländern blockiert werden, während die Herrschaften sich auf Sightseeing befinden oder anderen Freizeitaktivitäten nachgehen, die nichts mit den Liegen am Pool zu tun haben. Diese Erfahrung habe ich auch gemacht und musste herzhaft lachen, als sich ein britischer Freund über die unverschämten Deutschen aufregte, die immer und überall die Hotelliegen blockieren. Beide Nationen treten hier in einen morgendlichen Wettbewerb miteinander, um die besten Hotelliegen zu ergattern und grämen sich dann über den jeweils anderen.
Kulinarisches
Hier muss ich erneut mit unseren Freunden von der Insel anfangen. Es erstaunt mich immer wieder, dass viele Briten sich auf Reisen am liebsten in britischen Pubs und Restaurants tummeln. Es wird britisches Bier getrunken, britisch gefrühstückt, britisch zu Mittag gegessen und britisch zu Abend gegessen. Dieser Eindruck entsteht jedenfalls, wenn man sieht, wie voll die Pubs und Restaurants immer sind. Der klassische Backpacker mag da vielleicht etwas anders gestrickt sein, aber der 08/15 Touri aus Großbritannien mags im Urlaub am liebsten britisch.
Für die Russen gehört es zum guten Ton, dass es viel zu essen und viel zu trinken gibt. Wer viel mit Russen verkehrt und feiert, der weiß, dass es eine unglaublich gastfreundliche Nation ist, die sich nicht lumpen lässt. Auf russischen Feiern gibt es immer von Allem im Überfluss. Meist ist es so viel, dass die Gäste nach der Party noch etwas eingepackt bekommen. Wenn man das weiß, dann wundert man sich eigentlich kaum noch darüber, was in manchen Hotels an den Buffets abgeht. Das ist nämlich wirklich filmreif. Da werden unzählige Brötchen, Berge von Wurst, Käse und Marmelade auf Tellern zum Tische getragen. Zuhause ist es ja genauso. Blöd ist nur, wenn die Kellner es letztendlich dann doch wegwerfen müssen, weil nur ein Brötchen mit einer Scheibe Wurst gegessen wurde.
Der Alkohol
Der Deutsche liebt sein Bier und trinkt gerne Wein. Kritisch beäugt wird allerdings derjenige, der schon nachmittags oder gar morgens zum Alkohol greift. In unserer Kultur ist dies verpönt und sorgt für Stirnrunzeln. Andere Nationalitäten zieren sich dahingegen bei Weitem nicht so. Bei den Russen kommt der Wodka gerne schon nachmittags auf den Tisch. Dies ist nicht nur der Fall, wenn der Russe auf Reisen ist, sondern auch wenn er zuhause feiert. Als ich das erste Mal nachmittags zu einem russischen Geburtstag eingeladen war, war ich bis zum Schluss im Glauben, dass es gleich Kaffee und Kuchen gibt. Stattdessen kam eine Pulle Wodka auf den Tisch. Anschließend wurde gezecht und getanzt, als wenn es kein Morgen mehr gibt. Gegen zehn Uhr abends befand sich die Party bereits in den Endzügen. Es ging nicht mehr viel. Wen wunderts? Zur Stärkung gab es schließlich zu guter letzt Kaffee und Kuchen.
Für ähnliche Verwunderung sorgt der Kanadier auf Reisen. Dieser startet gerne mal mit einer Flasche Bier in den Tag. Gerstensaft zum Frühstück? Warum nicht? Und wer sagt überhaupt, dass die Deutschen die Regeln zum richtigen Umgang mit Alkohol aufgestellt haben?
Stolz Deutscher zu sein?
Das mit dem Nationalstolz ist bei uns Deutschen ja so eine Sache. Wir können das nicht so richtig. Wir sind super darin, wenn Fußball-WM ist. Aber darüber hinaus? Fehlanzeige. Leider haftet dem Begriff „stolz Deutscher zu sein“ immer noch etwas Negatives an. Unsere Nation hat in der Vergangenheit schreckliche Dinge getan und das sollte nicht vergessen werden. Aber wir haben heute allen Grund dazu auf unser Land stolz zu sein und es zu zeigen, auch im Ausland. Deutschland ist heute sicherlich eins der tolerantesten Länder der Welt. Nicht zuletzt deshalb, weil wir aus unserer schrecklichen Vergangenheit gelernt haben.
Die Kanadier sind, wenn es um Nationalstolz geht, das Gegenteil der zurückhaltenden Deutschen. Vielleicht liegt es daran, dass sie von den Amerikanern immer ein wenig belächelt und auf die Schippe genommen werden. Kanadier haben einen unbändigen Nationalstolz. Kanadier auf Reisen erkennt man daran, dass sie das kanadische Ahornblatt auf ihren Backpack nähen oder als Aufkleber auf ihrem Koffer mitführen. Die Liebe für ihr Land geht in vielen Fällen sogar soweit, dass sie sich das Ahornblatt tätowieren lassen. So, und jetzt stell Dir mal vor, dass sich jemand die Deutschlandflagge oder den Adler tätowieren lässt. Da kommen doch direkt Fragen auf. Ist es nicht so?
* Photo Credit: Kyle Pearce/Flickr/Creative Commons
Welche Klischees sind Dir auf Reisen begegnet? Schreib mir einen Kommentar!
Patricia92 says
Mir fällt spontan das Klischee ein, dass Franzosen nur sehr ungern andere Sprachen sprechen.
Während einer Interrail Reise durch Frankreich sah ich dieses Vorurteil bestätigt – ohne franz. Sprachkentnisse war es extem schwierig sich zu verständigen.
Seit meine Mutter in der Nähe von Paris wohnt und mit einem Franzosen verheiratet ist, haben wir viele Franzosen kennengelernt, die sehr offen sind und trotz guter Englischkenntnisse (Englisch wäre ja eigentlich der gemeinsame Nenner…) versuchen etwas Deutsch mit uns zu sprechen.
Ich mag es, wenn sich Klischees in Luft auflösen ;-)
Sabine says
Hallo Patricia,
das Klischee mit den Franzosen kenne ich. Musste auch schon mehrfach erleben, dass ich mit Englisch nicht weiterkam :-)
Aber ich lasse mich da immer gerne eines Besseren belehren und verallgemeinern kann man diese Klischees ja sowieso nicht.
Liebe Grüße,
Sabine
Ina says
Hallo Sabine,
toller Artikel! Es ist leider oft so, daß sich einige Klischees bestätigen. Und manchmal überraschend widerlegt werden. Ich hatte immer das Vorurteil, daß Asiaten nicht individuell verreisen. Man sieht sie ja eigentlich immer nur in großen Reisegruppen. In Neuseeland habe ich ein japanisches Paar und eine chinesische Familie getroffen, die einen Roadtrip im Mietwagen durch das Land gemacht haben. Ich war völlig begeistert.
Lieben Gruß
Ina
Sabine says
Hallo Ina,
ja, es ist immer wieder interessant, wenn Klischees bestätigt werden, aber umso spannender, wenn sie es dann doch nicht tun. ;-)
Viele Grüße,
Sabine